Peter Hollo: Rassisten, das sind die anderen

Die USA werden von einem Maulhelden regiert. Eine Seuche rafft seine Landsleute dahin, die Städte brennen und alte Gräben sind so tief wie noch nie. Die Presse wird inzwischen nicht mehr nur mit Worten verunglimpft, sondern beschossen. Und immer und immer wieder wird Öl ins Feuer gegossen. Mit der Welt befindet man sich im (Handels-)krieg, alte Verpflichtungen werden einseitig aufgekündigt.

 

Man fragt sich, stecken da Unvermögen dahinter oder doch ein knallharter Plan die USA in eine Diktatur zu führen? Eines hat der Mann in jedem Fall geschafft, das Land steht nur wenige Schritte von einem Bürgerkrieg entfernt. Wir erinnern uns wie schwer bewaffnete "weiße Demonstranten" Regierungsgebäude der USA geentert haben. Jetzt braucht es den einen unbedachten (oder bewussten) Wink an diese bis an die Zähne bewaffneten weißen Milizen, die zwei drei scharfen Schüsse, und ganze Regionen werden im vollkommenen Chaos versinken.

 

Und wir haben eine Person an der wir uns alle prima abarbeiten können. Zweifellos handelt es sich bei diesem Präsidenten um eine der abstoßendsten Figuren, aber dennoch sollte das nicht von ganz eigenen Problemen und eigenen Unzulänglichkeiten ablenken. Da entsteht auch bei uns mitunter eine ungute Mischung von altlinkem Anti-Amerikanismus und gefühlter moralischer Überlegenheit. Und sehr viel Projektion.

 

Vielleicht sollten wir all die schrecklichen Ereignisse auch dazu benützen unseren eigenen Rassismus mal zu beleuchten. Vielleicht auch den ganz persönlichen, der sich irgendwo in einem dunklen verrauchten Hinterzimmer in der letzten Ecke unseres Gehirns versteckt. Wer hier ganz ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Alltagsrassismus und tradierte Stereotypen kommen nicht in Springerstiefeln daher, sondern schleichen sich oft unmerklich in unsere Gedanken ...und wir merken es nicht einmal. Seien wir doch in Zukunft mal ein wenig achtsamer. 

 

Und wieder die Frage, warum so etwas in einem Fachmagazin? Weil wir als Branche Teil eines großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gefüges sind. Wir haben sehr von Pluralismus, freien Gesellschaften und freiem Handel profitiert. Eine im Chaos versinkende USA, Handelskriege mit China, eine Restaurationsbewegung hin zu gesellschaftlichen Werten und Normen der 1950er, Nationalismus und Schlagbäume, all das kann nicht in unserem Interesse sein. Von Unternehmen wird heute erwartet, dass sie klarstellen, wo sie stehen. Haltung zu zeigen und sich gesellschaftlich und politisch positiv zu engagieren. Der berühmte Purpose. Und das ist deutlich mehr als eine Marketingidee. 

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