Peter Hollo: Wie ein Piepsen die (deutsche) Automobilindustrie zerstörte

Die deutsche Automobilindustrie hat´s nicht leicht. Haben ihr gierige Automobilmanager doch so richtig ins Knie geschossen, haben lieber Betrugssoftware entwickeln und einbauen lassen, als sich um Innovationen zu kümmern. Lieber die Shareholder bedienen und Uralt-Technik so lange auslutschen, bis der Quartalsbericht und die eigenen Tantiemen glühen. Kurzfristige Gewinne mitnehmen, Zukunft? Wird schon immer so weiterlaufen. Es hätt noch immer jot jejange. Alles in trauter Eintracht mit Gewerkschaften und Funktionären, die sich das auch nicht schlecht haben vergolden lassen. Ein großes selbstaffirmatives Selbstversorgungssystem.

 

Wozu hat´s geführt? Technik, Software, Design von vorgestern. Ein Lohn- und Leistungsniveau, welches gepaart mit immer kleinteiligeren gesetzlichen Vorgaben und irrsinnigen Energiekosten dazu führt, dass du in Deutschland keine konkurrenzfähigen Fahrzeuge außerhalb der Premiumklasse mehr bauen kannst. Selbst wenn du guten Willens wärst. Es ist nicht möglich.

 

Und plötzlich können es alle besser. Die Chinesen, auf die man vor noch nicht allzu langer Zeit selbstgefällig herabblickte, man erinnere sich an den legendären Türentest einer ehemaligen deutschen automobilen Lichtgestalt, die zeigen und heute wo es langgeht. Bei Technik, Software und Design. Aufregend neues kommt heute nicht mehr aus Zuffenhausen oder Ingolstadt, es kommt aus Städten, die wir weder kennen noch aussprechen können.

 

Und jetzt kommt noch das Piepsen hinzu.

 

Weil mein jetziger Prius, ja ich fahre schon sehr lange Hybrid, schon sieben Jahre alt ist, da habe ich mich auf die Suche nach einem neuen Wagen gemacht. Freudige Überraschung! Wenn du in die neuen Modelle einsteigst, dann hat sich in den letzten Jahren unglaublich viel getan. Innen haben viele Hersteller ihren Fahrzeugen einen Quantensprung beschert. So kann Zukunft aussehen. Und ich bin mir sicher, da ist für jede(n) etwas dabei. Ob clean, reduziert und futuristisch oder mit all den vielen Schalterchen und Rädchen, die dir in deinem Fahrzeug eine Idee von echter Wirkmacht geben.

 

Aber.. nach 30 Minuten Probefahrt gibst du die Karre genervt zurück. In der Kurve den Mittelstreifen touchiert, dein Lenkrad vibriert, Eingriff in die Lenkung, kurze Schrecksekunde. Irgendwo piept´s. Ein Hinweis, gerne mit Straßenschild, fordert rot pulsierend deine Aufmerksamkeit. Du erschrickst, gehst kurz vom Gas, der Alarm hört auf. Du beschleunigst wieder, 80,5 KM/h. Es piepst erneut, das rote 80er Warnsymbol brennt sich in deine Netzhaut. Schweiß bricht aus. Du fühlst dich wie Captain Kirk beim Angriff der Romulaner, "Schutzschild aktivieren, Photonentorpedos los!". Stress! "Herr Kaleu, britischer Zerstörer auf 8 Uhr. Tauchen! Tauchen!". Immer und immer wieder! Deine Nackenhaare stellen sich auf. Bei  jedem neuen piepsen zuckst du zusammen. Fatalismus, und schließlich aufsteigende Wut.

 

Und alles, was du wolltest, das war eine gemütliche Runde zu drehen. Aber wie sollen da Entspannung oder Gelassenheit aufkommen, wenn alle paar Sekunden etwas piepst oder nach optischer Aufmerksamkeit schreit? Selbst unsere beiden Helden im oberen Absatz hatten Tage der Ruhe. Und wir? Wir versuchen 50 zu fahren und nicht 50,3, was uns einfach nicht gelingen will, und schon wieder piepst es.

 

All das, eine EU-Vorschrift. Und jüngster Baustein in einem irrwitzigen Regelungswahn, der die Fahrzeuge nicht nur immer teurer macht, sondern beginnt uns zu gängeln. Assistenzsysteme, ja bitte, da wo sinnvoll. Aber, wir sind mündige Menschen, wir haben auch so etwas wie Selbstverantwortlichkeit, für uns und für andere. Diese kann uns kein Zwangsblinken und kein Zwangspiepsen abnehmen.

 

Soll uns das penetrante Piepsen vielleicht sogar das Autofahren vergällen? Ein Anschlag der Anti-Auto-Lobby? Wenn´s dann wirklich keinen Spaß mehr macht, dann steigen wir alle schon auf die (nicht vorhandenen) Öffis um? Vielleicht ersetzen wir das Piepsen dann besser durch einen lauten Hupton? Der aber nur im Fahrzeuginneren zu hören ist, wegen der Bundeslärmschutzverordnung und so?

 

Funktioniert alles wunderbar. Neuwagenverkäufe am Boden (aus vielen Gründen), Gebrauchtfahrzeuge so teuer wie nie. Das Leben findet immer einen Weg. Kauft man halt die alten "dreckigen" Modelle, statt der sauberen neuen.

 

So kann man die Akzeptanz für neue Automobiltechnologien auch erstklassig unterminieren. Man macht die Nutzung so nervig und so unbequem wie möglich. Ich bin mir sicher, unzählige Fahrzeuge werden genau deswegen nicht verkauft. Aber... deswegen fährt die Bahn noch immer nicht pünktlich oder es fährt kein Bus zusätzlich auf dem platten Land. Und da leben halt die, die nicht Teil der Berliner Blase sind.

 

Ach ja, und der Gipfel der Schizophrenie, einige Fahrzeuge haben Schalter um das Piepsen (und die entsprechenden Systeme?, die gesetzlich vorgeschrieben sind) abzustellen, serienmäßig. Was soll ich da noch sagen? Honi soit qui mal y pense.

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